2013 war das Jahr des Schmerzes, der Krankheiten, der Melancholie. Ich fühlte mich machtlos, allein. Hatte nur einen einzigen Anker, der mich festhielt, wenn ich es am meisten brauchte.
2014 war das Jahr des Scherben aufsammelns, des Zusammenflickens, der Akzeptanz, des Weitermachens. Ganz langsam, bis ich wieder verstärkt in mich selbst hinein horchen konnte.
2015...Das ganze Jahr über hatte ich das Gefühl, dass die Zeit wieder einmal schneller vergeht und so viel passiert. Wenn ich jedoch jetzt hier sitze und mich ganz angestrengt darauf konzentriere, die Ereignisse zu sortieren und zu reflektieren, wie ich es denn nun wirklich fand, das Jahr 2015, habe ich das Gefühl, dass es mir zwischen den Fingern entgleitet. Einfach so. Da fallen Stichwörter wie Aufregung, Stress, Reisen, neue Bekanntschaften, andere Sichtweisen, Neugierde, Abwechslung, sich Ausprobieren. Und dann ist da diese Erkenntnis, die mich zum allerersten Mal wie ein Schlag trifft - just in dem Moment, als ich ganz allein zu Hause bin, nach den Feiertagen keine Familie in Sicht ist, meine Schwester ausgeflogen ist, Stefan wertvolle Zeit mit seinen Kumpels verbringt und ich hier mit Bauchschmerzen (doch zu viel gefuttert?!) im Bett liege. Ich spüre es so stark, dass ich darüber lachen muss, dass ich das Offensichtliche erst jetzt bewusst sehe - die Verbindung zu mir selbst.
2015 war das Jahr der Ruhe und doch wieder auch nicht. Ein Jahr der Selbständigkeit und ja, auch des Egoismus - in einer gesunden Form. Nachdem ich so lange für andere da war, war ich nun einmal dran. Habe mir genommen, was ich wollte, was ich brauchte. Habe gelernt, mich nicht immer wieder in den Abgrund ziehen zu lassen.
Ich neige dazu, andere Leute fixen zu wollen, mir Probleme anzuhören, Menschen zu ergründen, ihnen zu helfen und vergesse dabei einmal zu oft, dass ich nicht nur anderen eine Last abnehme, sondern dabei immer auch ein Stück Gepäck auf mich abfällt. Erst ein wenig... kleine Pakete, die sich so sehr stapeln, bis ich sie selbst jonglieren muss und sie mich auf die Knie zwingen. So sehr ich auch helfen mag, so gerne ich zuhöre, einfach da bin, so ungesund kann das sein. Ganz schleichend heften sich dann die Sorgen der anderen an einen selbst und lassen einen ersticken - und das ohne dass man es merkt. Man ist eigentlich glücklich, aber doch auch wieder nicht. Weil man sich zu sehr mit dem Leid der anderen beschäftigt und dabei vergisst, dass man selbst lebt.
2015 habe ich also einen Mittelweg gefunden. Zuzuhören, aufzufangen, Leid abzupuffern - aber in einem gesunden Maße. Genug Abstand zwischen dich und mich zu bringen. Mehr auf mich zu hören und zu tun, was ich für richtig halte.
Das Jahr 2015 war aber auch geprägt von Entdeckungslust. Ich bin dieses Jahr für meine Verhältnisse sehr viel gereist. 5 Mal an der Zahl. Nach London, nach Porto, nach Griechenland, überraschend nach Marrakesch und auch nach Wien. Es war das Jahr der City Tips, der sponanten Ausbrüche, die ich so dringend gebraucht habe. Um nicht nur andere Kulturen kennen zu lernen und Perspektiven auszuprobieren, sondern auch mir selbst jedes Mal ein Stückchen näher zu sein. Ganz weit weg von allem Alltäglichen. Man sagt, Reisen bildet. Und es stimmt wirklich.
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Nirgends sonst habe ich mehr über Menschen, aber auch mich selbst erfahren. Nirgends sonst als inmitten der vibrierenden Souks Marrakeschs oder am Strand von Griechenland mit tosenden Wellen und dem Menschen, der es immer wieder schaftt, mich zu erden, in all dem Chaos einen beständigen Ruhepol bedeutet, mich frei sein lässt, manchmal nur noch mit dem Kopf schütteln kann über meinen lockigen Sturschädel und verrückten Ideen und doch wieder auffängt, wenn ich mich wieder einmal zu schnell gedreht habe, fühlte ich mich lebendiger, kompletter.
Nirgends sonst als inmitten eines weihnachtlichen Londons mit meiner Schwester wurde mir bewusster, wie kostbar diese Verbindung zwischen Schwestern ist. Wie sehr wir uns auch ohne Worte verstehen, dass sie zu einem der wenigen Menschen gehört, die sofort weiß, was los ist, die mich kennt und akzeptiert, wie ich bin. Die einfach da ist und mich immer wieder bestärkt, weiterzuziehen, mich ermutigt, meinen eigenen Weg zu gehen, wie auch immer dieser aussehen mag. Die die gleichen Sorgen teilt, wir uns gegenseitig vor Wut und Verzweiflung an den Haaren ziehen, um eine Sekunde danach weinend in unseren Armen zu liegen.
Nirgends sonst als inmitten eines phänomenalen Sonnenuntergangs nach einem Pitcher Sangria und dem Lachen der Mädels im Ohr am Strand von Porto wurde mir bewusster, wie sehr ich Freundschaften brauche, wie sehr auch sie eine selbst gewählte Familie sind, wie egal Entfernungen sein können, wenn man sich bemüht, Fixpunkte zu finden, an denen man zusammenfindet und auch ohne tägliche Dates beieinander ist, sich gegenseitig ermutigt, Trost spendet und zusammen dieses Erwachsenwerden holperig meistert - und darüber lachen kann.
Nirgends sonst als inmitten des Christkindlmarktes in Wien, mit einem merkwürdigem Gefühlsbad aus abfallendem Stress, Weihnachtsgefühlen, aufgeregten Freunden, die nur so vor Energie und Witz sprudeln und der eigenen Unfähigkeit mitzulachen ist mir aufgefallen, dass es auch ok ist, nicht mit dem Flow zu gehen. Sich auch einmal innerlich abzukapseln und sich einen Moment für sich selbst zu nehmen. Weil man es gerade jetzt braucht, weil man nach all der harten Arbeit erst einmal wieder lernen muss, zu lachen, sinnlose Witze zu reißen. Weil es nicht selbstverständlich ist, immer und jeden Tag gut gelaunt zu sein und das auch vollkommen ok ist.
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Wenn ich 2015 mit nur einem Wort beschreiben müsste? Bunt wäre ganz passend. Ich habe viel erlebt, aber auch festgestellt, dass es noch so viel mehr zu entdecken gibt. Inmitten der stressigen Phase meines Studienabschlusses wurde mir bewusst, dass man nur einmal jung ist und es noch so viel gibt, das ich entdecken, erforschen, ausprobieren möchte. Mich selbst herausfordern, neue Seite an mir zu entdecken, Facetten, von denen ich bisher gar nicht wusste, dass sie existieren.
Das Ende des Studiums, das nun nach Monaten harter Arbeit merkwürdigerweise einfach so da ist, bedeutet nicht - wie ich so oft annahm - das Ende einer Ära des Spaßes und der Unbeschwerheit. Gut, vielleicht in einem gewissen Maße schon, aber es bedeutet auch den Anfang weiterer Möglichkeiten, die Freiheit, zu wählen. Das Ende meines Studiums verknüpfte ich gedanklich immer auch mit dem Ende meines Babys hier, was mittlerweile so sehr zu mir gehört, dass der bloße Gedanke einer Trennung mein Herz zerspringen lässt. Weil ich hier mein kreatives Ich ausleben kann, der Blog mich dazu befähigt, aus meiner comfort zone zu treten, mich in einer so merkwürdigen Weise zu öffnen, wie ich es nie gedacht hätte zu können. Mich mitzuteilen und Leben mit euch zu teilen und dabei festzustellen, dass wir doch alle ähnliche Wünsche und Sorgen haben.
Ich habe 2015 nicht nur an mir und meinem Staatsexamen, sondern auch an diesem Blog ge- und mir etwas erarbeitet und gelange immer stärker zur Erkenntnis, dass das hier was Echtes ist. Erkenne es an der wachsenden Leserschaft, an eurem Feedback, an der wachsenden Community, die ich mir aufbaue, an der Vielfältigkeit der Themen, an den zahlreichen Projekten, die mir von Kunden anvertraut wurden, der finanziellen Unabhängigkeit und an dem Stolz meiner Eltern, die jetzt nicht mehr anderen versuchen zu erklären, was dieses merkwürdige Blog-Hobby ist, sondern meine Beiträge bewusst mit Freunden und Kollegen teilen, mich und das hier ernst nehmen, was als Spielerei begonnen hat. Ich erkenne, dass es etwas Größeres sein kann. Wenn ich mir nur traue. Dass es auch andere Wege gibt, als diesen einen. Dass ich Möglichkeiten habe, von denen ich voller Stolz sagen kann, dass ich sie selbst geschaffen habe und sie nur endgültig beim Schopf packen muss.
Dass ich einfach mal auf mein Herz hören könnte und den viel zu lauten Kopf ausschalte. Denn sind wir mal ehrlich - mehr als fallen und wieder aufzustehen, kann doch gar nicht passieren? Und wann, wenn nicht genau jetzt?
2016 wird mit Sicherheit ein Jahr der Entscheidungen, aber vielleicht muss ich gar nicht so rigoros wissen, was ich will. Vielleicht reicht es erst einmal aus, zu wissen, was ich nicht will. Und das bedeutet als Konsequenz für das kommende halbe Jahr, in dem ich Bewerbungen schreibe und einen groben Lebensplan erstelle, erst einmal aber auch mich Hals über Kopf in diese Sache hier zu stürzen. Intensiv und voller Leidenschaft. Und dann weiterzuschauen.
2016 will ich mutiger werden. Links und rechts vom Pfad gehen, Entscheidungen treffen. Vielleicht - nein, ganz sicher! - auch mal ins Fettnäpfchen treten. Ich will weitergehen, mich ausprobieren, Fehler begehen und aus ihnen lernen, bevor ich mir ausmale, wie genau mein Leben zukünftig aussehen soll. Ich will mich treiben lassen und dann doch wieder zielgerichtet sein. Ich will spontan und frei sein und doch überlegte Entscheidungen fällen. Ich will mir das jugendliche Herz erhalten, rumblödeln, lachen, nicht allzu ernst in dieses Erwachsenenleben treten. Ich will Spaß haben und den Weg in den Berufsalltag nicht als Ende jugendlicher Leichtigkeit sehen.
Ich will mindestens genauso leidenschaftlich und begeistert ins neue Jahr starten. Ich will mir meine Impulsivität, Euphorie und Leidenschaft erhalten, denn auch wenn sie manchmal gefährlich werden können und ich damit verletzende Peitschenhiebe verteilen kann, sind sie eine gute Sache. Treiben mich an. Sind das, was mich ausmacht.
2013 war das Jahr des Schmerzes, der Krankheiten, der Melancholie. Ich fühlte mich machtlos, allein. Hatte nur einen einzigen Anker, der mich festhielt, wenn ich es am meisten brauchte.
2014 war das Jahr des Scherben aufsammelns, des Zusammenflickens, der Akzeptanz, des Weitermachens. Ganz langsam, bis ich wieder verstärkt in mich selbst hinein horchen konnte.
2015 habe ich dieses Fundament erweitert, war unbeschwerter, aber doch auch fokussierter, weiß vermutlich immer noch nicht 100% was ich will, aber mehr als je zuvor, was ich nicht will. Ich habe gelernt, selbständiger zu sein, auch mal in mich hineinzuhören, statt auf andere. Habe ein Staatsexamen gestemmt und trotzdem nicht aus dem Auge verloren, was ich liebe.
2016? Wird ein Jahr des Ausprobierens, der Entscheidungen, der nächste Schritt zum Erwachsenwerdens. Aber es gibt verschiedene Wege, erwachsen zu sein. Nichts macht mir mehr Angst, als gefangen in einem Alltag zu sein, der mir keine Freude bereitet, meine Leidenschaft zu ersticken droht, bei dem ich vorgfertigten Bahnen folge. Nichts macht mir mehr Angst als Erwartungen erfüllen zu müssen, denen ich selbst noch nicht gewachsen bin.
2016 wird das Jahr, in dem ich noch mehr mache, was ich will - einfach so. Und nein, das soll nicht heißen, dass ich egoistisch bin, denn ich möchte all das - mich selbst - mit meinen Liebsten entdecken. Sie sollen dabei sein, wenn ich mich für einen Pfad entscheide und dann vielleicht doch wieder für einen anderen - ebenso wie ich versuche, auch sie immer zu stärken, eine stützende Schulter biete, wenn sie ihre Flügel ausbreiten. Ich möchte mindestens genauso viel reisen, lachen und diesen positiven Blick bewahren. Denn der tut gut, treibt mich an und lässt Unmögliches möglich werden.
Ich hoffe, euch hat dieser doch sehr persönliche Einblick in mein Jahr gefallen. Wenn ihr mögt, könnt ihr mir gerne in den Kommentaren verraten, wie ihr euer 2015 wahrgenommen habt, mit welchem Wort ihr es beschreiben würdet und auf was ihr in 2016 hofft.