Schon häufig wurde ich gefragt, ob ich nicht einmal meine Stillgeschichte mit euch teilen könnte. Anfangs war ich mich unsicher, was darunter zu verstehen sei. Aber ich schätze, so individuell wir Menschen und die Babys sind, so individuell sind auch die Erfahrungen mit dem Stillen. Es ist zwar das natürlichste der Welt - Garant, dass es ebenso easy funktioniert, ist das aber noch lange nicht. Beim Schreiben des etwas längeren Artikels ist mir aber erst einmal aufgefallen, was für ein unebener Weg hinter mir liegt und dass diese jetzige eingespielte Stillbeziehung Ergebnis harter Arbeit und eines langen Prozesses war. Vielleicht kann ich mit meiner Erfahrung einigen von euch die Angst oder den Druck nehmen, ja vielleicht sogar Mut machen.
Vor der Geburt habe ich mir ehrlich gesagt kaum Gedanken darüber gemacht. Joa...Stillen...macht man halt oder eben nicht. Ich hatte eigentlich keine richtige Meinung dazu, wollte es weder sein lassen, noch erzwingen. Es war vielmehr so ein "wenn es klappt, super, wenn nicht, auch okay". Schließlich geht es doch darum, sein Baby satt zu bekommen und wenn das an der Brust aus welchen Gründen auch immer nicht funktioniert oder man vielleicht gar nicht möchte, ist das keine Schandtat, nichts wofür man sich schämen oder rechtfertigen müsste.
Ich war neugierig, konnte mir das irgendwie gar nicht so recht vorstellen, wie das wohl ist, wenn da ein kleiner Mensch durch meine Brust ernährt wird, war aber gespannt auf die Erfahrung - ganz ohne Druck, ganz ohne Zwang. Das einzige, was ich dunkel vor der Geburt im Hinterkopf hatte, waren die Worte meiner Hebamme aus dem Geburtsvorbereitungskurs: "Versucht im Kreißsaal so früh wie möglich eure Babys anzulegen, wenn es euch möglich ist. Nach ca. 20min haben sie den größten Suchreflex und docken dort - mehr oder weniger erfolgreich - an, auf jeden Fall bewegen sie sich in die richtige Richtung und das solltet ihr nutzen - es ist kein Muss, kein Garant dafür, dass es danach wunderbar klappt, aber es ist ein Vorteil, den man nutzen kann. Und auch wenn es nicht direkt klappt: versucht es einfach immer wieder, denn durch das häufige Anlegen schießt die Milch in der Regel schneller ein." Ok...so viel zur Theorie. Aber wie sah das dann in der Praxis aus?
Meine ersten Stillversuche und die Ernüchterung im Kreißsaal
Als mir das kleine Bündel auf die Brust gelegt wurde, hatte ich die 20min längst vergessen, war ich viel zu sehr mit Kuscheln beschäftigt. Klar, Aliya lag irgendwo in Richtung Brust, aber ich wusste einfach nicht so recht, was ich machen sollte und außerdem schlief sie sowieso. Wie stöpselt man denn so ein Baby an? Gar nicht so einfach wie gedacht. Nach der ersten Bewunderung und dem Liebesrausch fanden wir uns nur noch zu dritt im Kreißsaal wieder. Als eine der Schwestern vorbeikam, erinnerte ich mich daran "Versuch so früh wie möglich anzulegen", also fragte ich sie, wie das denn nun funktioniert und ob ich es probieren könnte. Ernüchterung traf dabei ein, auf die uns meine Hebamme bereits vorbereitete ("Manche Schwestern sind ganz zügig dabei, andere schieben das erste Anlegen gerne hinaus"). Die Dame vor Ort gehörte zur zweiten Kategorie, indem sie mich vertröstete, dass wir das später noch probieren könnten. Ich war ein wenig frustriert und wollte es selbst versuchen. Also schnappten Stefan und ich uns unser kleines zerbrechliches Baby und versuchten das müde, schlafende Wesen irgendwie Richtung Brustwarze zu bewegen. Wir haben uns dabei sicherlich ziemlich dämlich angestellt und das erste Anlegen hatte ich im Kopf irgendwie ganz anders durchgespielt. Statt kraftvoll zu saugen, suchte Aliya vielmehr irgendwo in Brustgegend herum - vom richtigen Anlegen konnte hier keine Rede sein, aber hey, wenigstens war das Baby schonmal an der richtigen Stelle. So ungefähr zumindest.
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Die rettende Hebamme und ganz viel Input
Eine Stunde später und längst auf dem Zimmer (es waren bisher drei Stunden seit Geburt vergangen), ließ mich das Thema nicht los und ich klingelte nach einer Schwester, um ihr mitzuteilen, dass ich wirklich wirklich gerne lernen würde, wie ich mein Baby anlegen kann und ob es denn nicht mal was zu essen kriegen müsste. Diese Schwester war etwas entsetzt, wieso das denn im Kreißsaal noch keiner mit mir geübt hat, beschwichtigte mich aber direkt und meinte, dass wir also gemeinsam das Thema Stillen anpacken werden. Ich kam mir dabei etwas unbeholfen vor und das, was ja so natürlich sein soll, fühlte sich irgendwie gar nicht so an - zumindest stellte ich mich wie der erste Mensch an. Aber mit Hilfe der Hebamme ging es - ein wenig kam ich mir dabei vor wie diese Holzpuppen, die Maler nutzen, um Posen einzustellen und nachzuzeichnen. Sie positionierte mich, verhalf mir in eine bequeme Position, legte mir Aliya in die Arme, hielt sie gleichzeitig fest, weil ich es noch nicht richtig konnte und versuchte, Brust und Kind zusammen zu führen. Hatte ich immer die Vorstellung, dass ein Baby quasi nur anstöpseln muss, merkte ich schnell, dass das bei uns irgendwie nicht so recht klappt und Aliya ständig wieder losließ. Und generell ist es gar nicht so einfach, wenn man noch Angst hat, dieses kleine Wesen irgendwie zu zerquetschen, es auch nur richtig zu halten. Ich musste das ganze Handling ja erst einmal lernen. Es fühlte sich einfach alles irgendwie komisch an, unbequem, als hätte ich zwei linke (ok, in meinem Fall als Linkshänder rechte) Hände.
Die ersten Nuckelversuche verliefen also nicht gerade zu meiner Befriedigung, aber zumindest wurde der Milchspendereflex ausgelöst und die ersten Tropfen Vormilch (Kolostrum) waren zu sehen. Meine Hebamme freute dies sehr und sie meinte, das wäre schon einmal ein super Start und keine Selbstverständlichkeit, alle anderen Dinge würden wir auch noch schaffen. Sie ermutigte mich dann dazu, so häufig wie möglich das Baby anzulegen, um die Milchproduktion anzukurbeln und meinem Körper zu vermitteln, dass da jetzt ein kleines Wesen ist, das bitte gefüttert werden möchte. Also tat ich, wie sie mir geraten hat, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass "richtiges Trinken" anders aussehen müsste. Im Laufe der nächsten 24h kam sie immer wieder vorbei, half mir beim Anlegen und ermutigte mich immer wieder. Ich fühlte mich dabei super umsorgt und hatte das Gefühl, dass diese Frau den Weg zu meiner Stillgeschichte geebnet hatte, was ich ihr im Übrigen auch bei Entlassung aus dem Krankenhaus noch einmal mitteilte und mich von Herzen für die Unterstützung bedankte.
Der Tag danach oder auch: die Brust explodiert
Man hatte mich vorgewarnt, dass nach einigen Tagen, wenn die Milch einschießt, die Brüste explodieren. Dolly Buster mäßig explodieren. Luftballons. Überdimensional. Ja, nahezu lächerlich groß. Vielleicht ist das jetzt für den ein oder anderen zu viel Info, aber ihr habt euch einen ehrlichen Bericht gewünscht und das gehört nun einmal dazu. Erst bekam ich es gar nicht so mit, aber als ich vor der Dusche in meinem aufgeknöpften Nachthemd dastand und mir Bowlingkugeln entgegen blitzten, musste ich erst einmal laut loslachen, so absurd sah das Ganze aus. Ich wusste ab da, was der sogenannte Milcheinschuss ist. Ihr müsst euch enorm heiße, pralle Brüste vorstellen, sie waren quasi zum Anschlag gefüllt und ich wusste, dass das ein gutes Zeichen war. Wenn doch nur das Trinken besser klappen würde. Aber ich blieb am Ball und probierte ganz ohne Stress einfach immer und immer wieder. Irgendwann sah sich meine Hebamme das Ganze noch einmal an und meinte, dass die Voraussetzungen sehr gut stehen, aber die Kleine mit ihrer Zunge nicht zurecht kommt, meine Anatomie etwas "ungünstig" ist und sie deswegen immer wieder die Brust verliert. Nach einiger Beobachtung und diversen anderen Tricks gab sie mir dann Stillhütchen zur Unterstützung, bevor es gar nicht klappen sollte. Ein wenig war ich schon frustriert, dass es nicht einfach so funktionierte, wie bei vielen anderen. Andererseits war ich enorm erleichtert um die Erfindung der Hütchen, denn plötzlich spürte ich, wie Aliya wirklich andockte und endlich richtig trank und was das für ein Zug war.
An dieser Stelle kommt das, womit vermutlich die meisten Stillanfängerinnen konfrontiert werden. Schmerz, heiße, brennende Brüste, ausgelaufene Milchpfützen überall, Empfindlichkeit, das Gefühl, nicht zu wissen, wohin mit der Milch und hatte ich schon Schmerz erwähnt? Auch hier war meine Hebamme ein Engel (ich sagte ja, ich verdanke ihr sehr viel) und versorgte mich mit Multi Mam Kompressen zum Kühlen, Brustwarzencreme und gab mir immer wieder Tipps für das bequeme Anlegen.
So richtig natürlich und lässig wie bei meiner Bettnachbarin, die schon geübte Mama war und ihr Baby ganz gekonnt auf ihre Brust legte, sah das bei mir überhaupt nicht aus. Hölzern, schwerfällig und irgendwie ungeschickt beschreibt es wohl eher. Aber ich war ehrgeizig, hatte Blut geleckt und wenn ich nun einmal schon so volle Brüste hatte, sollten die doch bitte auch genutzt werden. Also biss ich mich durch, versuchte den Schmerz trotz Wunden auszublenden und versuchte es immer und immer wieder und mit jedem Mal wurde es besser, auch wenn es mich anch wie vor frustrierte, dass ich auf die Hütchen angwiesen war.
Die ersten Wochen Zuhause oder auch: wie zur Hölle finde ich eine bequeme Position?
Wenn ich die Stillbeziehung der ersten 3-4 Wochen beschreiben müsste, fällt mir meist nur die Suche nach einer bequemen Position ein. Verdammt, das könnte doch nicht so schwer sein. Es fühlte sich einfach immer hölzern an und dauerte gefühlt Ewigkeiten, bis ich mich sortiert und in Stellung brachte. Anfangs half mir Stefan jedes Mal, baute eine Kissenburg um mich herum, drapierte mein Stillkissen, legte Aliya auf das Kissen und ich schaute, ob ich für die nächste Zeit bequem saß oder lag, zumal Aliya beim Stillen, was damals noch an die 45-60 Minuten dauerte, eh einschlief und ich mich fortan nicht bewegen konnte, ohne sie zu wecken. Kissenburg war also ein Must Have! Nun gibt es ja etliche Stillpositionen, aber da ich mich noch nicht traute, die zerbrechliche Aliya einfach irgendwie ganz lässig zu halten, nutzte ich ausschließlich die Wiegehaltung und legte sie auf dem Stillkissen vor mir ab. Mich nervte es, dass ich meist zu langsam war und es gefühlt ewig dauerte, bis ich bequem saß und sie endlich trinken konnte. Dann waren da noch die Hütchen, die immer irgendwo am falschen Ort waren (bis ich endlich auf die glorreiche Idee kam, mir einfach noch ein Set zu bestellen, so dass einfach immer und überall welche griffbereit lagen) und ich immer erst anlegen musste, bevor es losgehen konnte und irgendwie fühlte ich mich dadurch gebremst. Zwischendurch kühlte ich, strich die Brust unter der warmen Dusche aus und massierte die festeren Stellen, um keinen Milchstau zu bekommen. Außerdem war ich immer wieder verwundert, wie ein Körper so viel Milch produzieren könnte.
So ging das dann also Tag und Nacht im etwa 2h-Takt und ich liebte es, wäre da nicht der Unbequemlichkeitsfaktor gewesen.
Mit etwa 3 Wochen hatte ich eine kleine Stillkrise. Die erste Müdigkeit machte sich nach der anfänglichen Rosa-Rote-Brille-Zeit bemerkbar und ich war etwas frustriert, dass die nächtlichen Stillaktionen, die damals unbequem und langwierig waren, an mir hängen blieben. Ich erwischte mich häufig dabei, mich zu fragen, warum Frauen eigentlich die Brüste haben, warum Stefan schön weiterschlafen kann und ob ich der Unabhängigkeit wegen nicht doch Flasche geben sollte und den Job somit auch mal an Stefan weitergeben könnte. Bis da die Erkenntnis kam, dass ich ja dann zusätzlich aufstehen müsste. Brust erschien mir dann doch bequemer. Dann noch die Frage, wie ich das noch weitere 5 Monate machen sollte, waren doch 6 Monate vollstillen empfohlen. Diese Krise hielt jedoch nicht lang an, denn mit den Tagen und Wochen wurde nicht nur Aliya kompakter und mein Umgang mit ihr natürlicher und vertrauter, sondern auch die Stillbeziehung verfestigte sich. Ich brauchte schleichend keine Kissenburg mehr, sondern nur noch eins im Rücken und mein Stillkissen, das ich überall mit hinnahm und kam einfach besser zurecht. Aus einer anfänglichen ungewohnten Situation wurde eine Routine und wir spielten uns ganz langsam ein.
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Adieu Hütchen - unsere Stillbeziehung hat sich verfestigt
Es gibt Phasen und Wachstumsschübe, da brauchen die Babys mehr Milch. Diese bestellen sie nach dem Angebot und Nachfrage Prinzip bei euch schon einmal vor, indem sie häufiger trinken. Wenn ihr also plötzlich stündlich oder noch häufiger stillt, heißt das in der Regel nicht, dass die Babys nicht mehr satt werden, sondern nur, dass sie eurem Körper signalisieren, dass sie zukünftig mehr brauchen. Die Produktion soll angeheizt werden - ein absolut fantastischer und faszinierender Mechanismus des Körpers. So ändert sich alle paar Wochen die Zusammensetzung eurer Milch, ganz auf die Bedürfnisse eures Babys angepasst. Häufig ist das aber der Zeitpunkt, wo die Alarmglocken schrillen und vor allem ältere Generationen mit den Ratschlägen kommen, dass das nicht normal sein kann, ein Baby doch nur alle 4h trinken müsse und es bestimmt nicht satt wird. Bullshit! In den meisten Fällen zumindest (falls ihr wirklich das Gefühl habt, dass euer Baby nicht satt wird, keine vollen Windeln mehr hat, generell matt wirkt oder nicht zunimmt, klärt das am besten beim Profi ab, es gibt so viele gut ausgebildete Hebammen und Stillberaterinnen, die oftmals in Sachen Säuglingsernährung deutlich besser ausgebildet sind als Ärzte). Der Umstand ist aber eher fehlender Aufklärung geschuldet und ich habe mir sagen lassen, dass früher am allerhäufigsten im 4. Monat abgestillt wurde, weil die Milch plötzlich nicht mehr reichte, da die Babys ja stündlich trinken wollten. Dass das aber der natürliche Weg war, um mehr Milch zu produzieren, war damals häufig nicht bekannt. Dabei gilt gerade der 4. Monat als einer, indem so viel passiert, die Babys so viel Neues auf einmal lernen und damit umgehen müssen. Kein Wunder also, dass die Brust nicht nur als Nahrungsquelle, sondern vor allem auch als Trostspender verlockend ist. Je häufiger angelegt wird, desto mehr Milch wird produziert. Ein einfaches Prinzip, das ich befolgte und vermutlich auch der Grund ist, warum es noch heute so gut läuft. Ich stillte schlichtweg nach Bedarf, legte ganz unabhängig von irgendwelchen Uhrzeiten an und nahm eben auch diese "Viel-Still-Tage" in den Wachstumsschüben mit. Hätte ich mich damals an einen strikten Plan gehalten, wäre meine Milch wohl Stück für Stück weniger geworden.
Aber auch ich hatte mich natürlich irgendwann gefragt, ob ich wirklich genug Milch hätte, fragte meine Hebamme und auch meine Kinderärztin, da mir das häufige Stillen beim 1. Mal (so um die 6-8 Wochen herum) komisch vorkam. Das war auch der Zeitpunkt, als ich das erste Mal abpumpte, um zu kontrollieren, wieviel da noch rauskam. Als ich innerhalb weniger als 5min aus einer Seite eine ganze Flasche abpumpte, war alles klar und als ich dann sah, dass Aliya in nur einer Woche mehr als 500g zunahm, noch viel mehr. Satt wird hier jemand definitiv - alles also in Ordnung und genau so, wie meine Hebamme vorhergesehen hatte. Sie hat einfach mehr bestellt. Deswegen machte ich mir in den kommenden Wachstumsphasen keinen Stress mehr, als Aliya plötzlich häufiger stillen wollte - das brauchte sie eben einfach.
Mein Vertrauen in mich und meinen Körper und diese natürliche Prozesse war wiederhergestellt und ich war froh, auf meine Intuition gehört zu haben statt auf die Ratschläge, lieber abzustillen, weil die Milch nicht ausreichen würde.
Apropos Intuition. Irgendwann hörte ich nur noch darauf. Der Blick zur Uhr wurde immer seltener, egal ob tagsüber oder nachts. Ich stille völlig nach Bedarf und seitdem ich auch nachts nicht mehr schaue, wie oft ich stille, bin ich viel entspannter, zumal das Ganze ohnehin im Halbschlaf passiert und mittlerweile deutlich zügiger geht. Länger als 5min wird hier in der Regel nicht mehr getrunken, hat Aliya den Dreh einfach raus und findet sie die Welt drumherum mittlerweile viel zu spannend.
Als sie dann um die 4 Monate herum anfing zu greifen, fanden wir uns in einer witzigen Situation wieder. Sie schnappte sich einfach mein Stillhütchen, untersuchte es, warf es zur Seite und dockte trotzdem an und trank! Sie trank! Ganz ohne Hilfe. Ich war völlig aus dem Häuschen, denn so froh ich auch um die Erfindung war, so nervig empfand ich es, immer daran denken zu müssen, Hütchen einzupacken, wenn ich unterwegs bin und immer erst das Hütchen zu suchen. Seit diesem einen Tag, als es ganz plötzlich funktionierte, verzichtete ich auf die Hütchen und das Stillen klappt schneller und besser denn je. Ich hatte das Gefühl, dass sich unsere Stillbeziehung verfestigt hatte, wir waren ein eingespieltes Team. Auch wenn ich zugeben muss, dass ein paar schmerzhafte Tage folgten und an den Stillstart erinnerten - die Hütchen federten da doch einiges ab. Aber mit den altbewährten Kompressen und Salbe war das schnell behandelt.
Ja sag mal, stillst du denn immer noch?
Mittlerweile ist die Kleine etwas über 6 Monate alt. 6 Monate vollgestillt, das was ich anfangs nicht für möglich hielt. Die Zeit ging letztlich rasend schnell vorbei und vor allem ganz ohne Druck. Ich folgte keinem straffen Zeitplan, meckerte nicht oder zögerte es hinaus, wenn sie "vor ihrer Zeit" Hunger verspürte und akzeptierte ein natürliches Sättigungsgefühl. So wie auch ich nicht immer gleich viel Hunger habe oder zu den gleichen Zeiten, konnte ich das auch nicht von meiner Tochter erwarten.
Irgendwann fing dann die Zeit an, als ich plötzlich nicht mehr wie anfangs euphorisch "Aber du stillst doch, oder?! Ja? Sehr gut!" gefragt wurde, sondern ein "Ach, du stillst noch?" oder "Wie jetzt, du stillst noch? Dafür ist die Kleine doch viel zu groß" kam. Seit etwa 1,5 Monaten werde ich immer häufiger damit konfrontiert und ich musste verdutzt feststellen, dass das Stillen, das anfangs als DAS Nonplusultra galt (noch so ein schräges Ding der Gesellschaft) und wehe man macht es nicht, plötzlich verpönt wurde. Irgendwie fühlte ich mich unter Druck gesetzt, abstillen zu müssen. Wieso trinkt sie noch so häufig und unregelmäßig, wieso stillst du noch, wird sie überhaupt satt und warum gibst du ihr nicht mal was "Richtiges". Aber (Mutter)Milch ist doch das Richtige, sollen Babys im ersten Jahr doch hauptsächlich Milch bekommen und den Rest eben BEIkost. Jetzt, wo es endlich richtig gut lief und ich diese innigen Stunden, diese ganz besondere Beziehung, diese Intimität und diese stillen Momente so zu schätzen gelernt hatte, wollte ich das nicht einfach loslassen und muss es auch nicht.
Ich hatte nach 4 Monaten erstmals das Gefühl, alles richtig zu machen, das Stillen "gemeistert" zu haben, ebenso easy und lässig zu stillen - ganz egal wo, ob im Café, im Park, im Auto oder im Schwimmbad - wie ich es bei anderen bewunderte. Und jetzt soll ich mich plötzlich davon verabschieden? Von etwas, von dem ich anfangs keine Erwartungen hatte, ich aber mit der Zeit lieben gelernt hatte? Nein!
Natürlich achte ich auch bei dem Thema auf meine Kleine. Würde sie mir Signale geben, dass sie nicht mehr will, würde ich das akzeptieren. Aktuell ist dem aber noch nicht so - im Gegenteil, Beikost scheint noch nicht ihr Fall zu sein. Statt uns also unter Druck zu setzen, höre ich auf mein Gefühl und solange die Milch sättigt und läuft, ist ja auch alles prima. Leider sehen das nur nicht alle Menschen so. Aber auch hier greift Regel Nummer 1: hör auf deinen Bauch und dein Herz, ja und vielleicht auch ein wenig auf die Richtlinien wie Gewicht etc. Mein Baby ist wohlgenährt, bekommt Milch, wird satt, ist zufrieden und solange spricht absolut nichts gegen das Stillen. Gleiches gilt natürlich im Umkehrschluss. Wenn du merkst, dass DU nicht mehr damit klar kommst, deinen Körper für dich willst, keine Freude mehr am Stillen hast oder sonstige Gründe: still ab. Hör auf dein Herz und mach, was sich für DICH richtig anfühlt - denn bei dem Thema gibt es kein "richtig" oder "falsch". Das muss jeder für sich selbst entscheiden und leben.
Aliya ist ein sehr aufgewecktes Kind, ja man könnte sie auch Energiebündel nennen. Diese Momente des Stillens ist unsere Art runterzufahren. Mit keiner anderen Methode findet sie sanfter und schneller in den Schlaf, kommt angenehmer herunter. Während des Stillens wird das Liebeshormon Oxytocin ausgestoßen und entspannt Mutter und Kind. Ich liebe diese Zeit der "Fütterung" - ja selbst nachts. Wenn sie in meinen Armen liegt oder auch direkt neben mir (mittlerweile sind wir recht flexibel in den Positionen geworden und auch Stillkissen und Kissenburg wurden verbannt, denn das klappt jetzt ganz easy ohne, ja sogar im Laufen haha), sich ihre kleine Hand liebevoll auf meine Brust legt (ok, mittlerweile kneift sie auch mal) sich sanft ihre Augen schließen oder sie mir verschmitzt in die Augen schaut, wenn sie sich wieder mal ablenken ließ und sich dann erinnert, dass da ja noch was war. Stillen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern auch Trostspender, Zärtlichkeit, Einschlafhilfe und Intimität.
So holperig der Anfang auch war, so oft ich mich auch fragte, ob das wirklich unser Weg ist und ob Stillen mit Hütchen überhaupt zählt, war ich froh, den Weg für uns weitergegangen zu sein, nicht aufgegeben zu haben oder mir habe reinreden lassen. Ich bin dankbar für die Hebamme, die so einiges geebnet hat, aber auch dankbar, dass ich das Stillen doch relativ problemlos durchführen konnte, denn das ist nicht selbstverständlich. Nicht jede Frau hat genug Milch, nicht jede Frau hat die nötige Hilfe, die es anfangs vielleicht braucht, um richtig anzulegen und dieses ganze unbekannte Ding ins Rollen zu bringen und dann sind da auch weitere Hindernisse wie mögliche extreme Schmerzen, Brustentzündungen oder auch Babys, die eben einfach nicht trinken wollen. Auch das ist okay, manchmal tragisch oder frustrierend, aber zum Glück haben wir in der heutigen Zeit genügend Methoden, um unsere Kleinen satt zu kriegen und darum geht es ja letztlich.
Habe ich mir anfangs gar keine großen Gedanken darum gemacht und auch nie beschlossen, so und so lange zu stillen, kann ich es mir jetzt noch nicht vorstellen, es nicht mehr zu tun und beim Gedanken, dass mein Baby sich irgendwann abstillt, wird mir schon etwas wehmütig ums Herz. Wie lange ich also noch stillen mag? Keine Ahnung, so lange mein Baby es will und braucht und ich bereit dazu bin. Ob das jetzt nur 1 Monat ist, noch weitere 6 oder gar länger. Das werden wir mit der Zeit sehen und bis dahin genieße ich einfach die verbleibenden Stillmomente. Ja, durch das Stillen ist man in gewisser Weise abhängiger, vor allem, wenn das Baby keine abgepumpte Milch aus der Flasche trinkt wie Aliya (das hat komischerweise nur am Anfang mal geklappt), aber dafür ist diese Zeit UNSERE Zeit. Es sind diese innigen Momente mit meiner Tochter, die mittlerweile zu den schönsten gehören. Vermutlich auch gerade deswegen, weil ich so gar keine Erwartungen an das Stillen hatte. Ich wurde quasi überrumpelt und während dieser Reise überrascht, wie sehr ich etwas lieben könnte, dass anfangs harte Arbeit bedeutete und von dem ich so gar keine Vorstellung hatte.
Das war sie, meine aktuelle Stillgeschichte. So etwas lässt sich nicht in 1-2 Sätzen abhandeln, entschuldigt also die Länge des Artikels. Wenn ihr mögt, würde ich aber in kurzer, knackiger Form noch meine Tipps, Tricks und Erfahrungswerte in einem weiteren Post mit euch teilen - hättet ihr darauf Lust?
Wie ist denn eure Erfahrung mit dem Stillen? Wolltet bzw. konntet ihr stillen? Hat es überhaupt eine Bedeutung für euch, wie lange habt ihr gestillt oder habt es vielleicht vor? Und gab es bei euch Schwierigkeiten zu bewältigen?