Ich bin zurück... mal wieder. Das war jetzt schon die zweite enorm lange Blogpause innerhalb von nur 2 Monaten. Kurz gesagt: das erste Vierteljahr 2018 meinte es gesundheitlich nicht gut mit uns und irgendwie ist unser aller Immunsystem inmitten der heftigen Grippewelle komplett gecrashed. So habe ich in den letzten 8 Wochen so dermaßen viel und intensiv wie lange nicht gefühlt. Der Blog war schon immer ein Ort, an dem ich die schönen Dinge in meinem Leben mit euch teile - aber auch ein Ort, an dem ich zuweilen ungefiltert meine Gefühle niederschreibe, wenn ich das Gefühl habe, dass ich innerlich platze, wenn ich nicht meine Gedanken sortiere und dieses Ventil nutze bzw. durch den Austausch mit euch einen neuen Blickwinkel erhasche. Gerade ist es wieder soweit, dass es in mir arbeitet, so sehr, dass ich meinen Gedanken Luft machen muss.
Die letzten Wochen war ich genervt, fühlte mich der Zeit beraubt, dem Ende meiner Elternzeit, hatte Motivation und Ideen, die ich unbedingt umsetzen wollte, noch einmal richtig loslegen mit dem Bloggen, bevor es vielleicht immer weniger bis gar nicht mehr klappt im anstehenden Referendariat. Pläne, die alle durch besagtes angeknackstes Immunsystem gebrochen wurden. Einerseits lebten wir hier so abgeschottet von unseren üblichen Sozialkontakten in unserer kleinen Dreier-Blase und erlebten dank Dauerkrankschreibung von Stefan sowas wie gemeinsame Elternzeit. Wenn man die dann aber nur Zuhause verbringt, nicht hinaus darf, keine Unternehmungen planen kann, ein heftig zahnendes Kleinkind sitzen hat, das unbedingt Ablenkung bräuchte, geht man sich irgendwann gegenseitig auf den Zeiger. Der Frust der letzten Wochen wuchs irgendwann über meinen Kopf hinaus, ich war traurig, wollte diese letzten Wochen auskosten und genießen und fühlte mich stattdessen wie gefangen, am Ende meiner Kräfte und körperlich kaputt. Klingt jetzt dramatisch, aber diese zwei Monate fühlten sich eben genau so an.
So langsam kehren besagte Kräfte wieder zurück und aktuell bin ich dabei, so viel und hochkalorisch wie möglich zu essen, um meinem Körper zurückzugeben, was die Dauergrippewelle ihm genommen hat. Denn der Anblick im Spiegel des Klappergestells ist schon nicht mehr feierlich. Gleichzeitig ordne ich Zuhause unser Leben, arbeite weg, was liegen geblieben ist, kümmere mich um Alltagsfragen und fühle ein wenig die Ruhe vor dem Sturm. Das hier ist meine letzte Woche Elternzeit, meine letzte Woche 24/7 mit meiner Tochter und habe ich diesen Gedanken die vergangenen Woche immer beiseite gestoßen, wird der Kloß in meinem Hals aktuell immer größer. Gestern auf Insta dann der unerwartete Moment, in dem ich euch updaten wollte und mir plötzlich die Tränen kamen. Vielleicht lag es auch daran, dass ich mich daran erinnerte, wie ich gestern vor 2 Jahren den positiven Test in den Händen hielt, der meine Welt völlig auf den Kopf stellte und ich dementsprechend automatisch gefühlsduseliger bin.
Ich glaube, das Ganze ist aber auch ein wenig Typsache. Vor Aliya hätte ich nicht damit gerechnet, dass ich mich so schwer damit tun würde oder 3 Jahre Elternzeit verlockend klingen würden. 1 Jahr Elternzeit, bei mir ein bisschen länger. Dann ab in den Job. Macht man eben so. Ich habe gar nicht darüber nachgedacht, ob es zu wenig Zeit sein könnte - für uns. Hier in unserer Region bleiben die wenigstens Mütter 3 Jahre Zuhause, können es sich schlichtweg nicht leisten und so war auch meine Ansicht quasi vorgefertigt. Mittlerweile wünschte ich nichts mehr, als noch mehr Exklusivzeit mit meiner Tochter verbringen zu können. Und auch wenn ich weiß, dass ihr die Abwechslung in der Kita gut tun wird, sie andere Kinder liebt und dort gefördert werden kann, wie ich es alleine Zuhause nicht könnte, bleibt der Schmerz und das schlechte Gewissen.
Vielleicht ist es auch nur der bittersüße Abschied einer so wunderbaren, intensiven Zeit. Ja doch irgendwie in den Tag hineinleben zu können, jeden Tag so zu nehmen, wie er kommt. Gemeinsam große und kleine Abenteuer zu bestreiten und diesem wundervollen Mädchen beim Wachsen zuzusehen. Ich höre es immer wieder, dass andere Mamas diesem Moment entgegen eifern, sich darauf freuen, was anderes außer dieses "Mama-Ding" zu tun, über andere Themen zu sprechen und wieder unabhängiger und freier zu sein. Vorteile, die ich verstehen kann, aber selbst so nicht fühle. Vielleicht kommt das mit der Zeit, wenn man einen neuen Rhythmus gefunden hat und vielleicht begründen sich meine Gedanken auch nur darin, dass ich ein Mensch bin, der Veränderungen hasst.
Überall um mich herum kommen die Standardsätze a la "Das wird toll. Eine neue Aufgabe. Eine neue Herausforderung. Dann hast du mal Zeit für dich. Dann bist du nicht 24/7 im Einsatz. Dann spielt sie auch mit anderen." Und ich nicke tapfer, sage die Sätze wie ein Mantra nach und fühle innerlich doch anders. Kann das Gefühl nicht abstellen, dass mir mein Herz rausgerissen wird, ich - aber auch die Kleine- noch nicht bereit dafür sind, dass ich mich zerteilen werden muss, auch wenn ich es nicht will.
Niemand hat mich je darauf vorbereiten können, was für eine Achterbahn der Gefühle dieses Muttersein ist. Vor über einem Jahr geriet ich ins Straucheln, musste erst einmal klarkommen und jetzt sind 15 Monate in Windeseile an mir vorbei zogen. Gerade dann, als ich das Gefühl hatte, alles im Griff zu haben, echt gut zu sein in diesem "Mama-Ding", in dem ich so aufblühe, soll es auch schon in dieser Intensität vorbei sein und ein neuer Abschnitt wartet. 15 Monate, in denen ich gewachsen bin, in denen wir als Familie zusammen gewachsen sind. Ich habe dich gehalten, dich getröstet, jedes deiner ersten Male miterlebt, ja darf mich glücklich schätze, überhaupt so lange, so viel Zeit mit dir verbracht zu haben, schaut man sich andere Schicksale oder Länder an, in denen Mütter viel früher wieder arbeiten gehen müssen. Und doch ändert der Satz "wir mussten früher schon viel eher gehen" nichts an meiner aktuellen Traurigkeit. Sie wird vergehen, hat aber auch schlichtweg ihre Daseinsberechtigung.
Ich bin ein Gewohnheitstier. Schließe ungern Kapitel ab, habe Angst vor den neuen, weißen Seiten und weiß doch, dass wir das meistern werden, neue Rituale finden. Ich weiß jetzt schon, dass ich auf dein Strahlen am Nachmittag setzen kann. Weiß aus tiefstem Herzen, dass es gut wird. Dass es uns allen gut tun wird. Dass wir in der ein oder anderen Form davon profitieren werden. Aber es ist auch okay, genau jetzt Abschied zu nehmen, um nachzutrauern, um wehmütig zu sein, um mein kleines Mädchen ganz fest an mich zu drücken, ihren einzigartigen Duft aufzusaugen, mich beim Mittagschlaf neben sie zu legen und einfach nichts zu machen, außer sie zu beobachten und die ein oder andere Träne zu verdrücken. Und wenn dieser Moment vorbei ist, bin ich bereit für das neue Abenteuer und werde mich ihm stellen.
So viele tapfere Mamas vor mir haben genauso oder ähnlich gefühlt, teilten die gleichen Sorgen, quälten sich mit schlechtem Gewissen und der Angst, dem Kind nicht gerecht zu werden. Aber ich habe mir sagen lassen, dass das vergeht und die positiven Dinge überwiegen werden. Die Zeit intensiver genutzt wird, sie wertvoller wird. Daran glaube ich ganz fest, wollte euch trotzdem dieses Gedanken- und Gefühlswirrwarr da lassen. Schon allein deshalb, dass sich andere Frauen in ähnlichen Situationen nicht allein gelassen fühlen. Es ist normal und völlig okay, so zu fühlen und traurig zu sein. Wir sind keine furchtbaren Glucken, die nicht mit Trennungen klar kommen, sondern einfach liebende Mamas, die ein klitzekleines bisschen mehr Zeit bräuchten, um einen ganz natürlichen Abnabelungsprozess des Lebens zu meistern. Traurig sein ist okay, wir dürfen uns davon nur nicht auffressen lassen und mit einem hoffungsvollen, freudig-aufgeregten Blick nach vorne schauen, um anzunehmen, was auch immer unseren Weg kreuzt.